Warum wir sind, wie wir sind - Die Geschichte der Frau

Hast Du dich auch schon gefragt, warum wir uns als Frauen oftmals unsicher und angepasst verhalten? Und warum Männer meist mehr Selbstvertrauen besitzen als Frauen? Bis vor zwei Jahren dachte ich, dass es nur mich selbst betrifft, denn welche Frau gibt schon freiwillig zu, dass sie sich unsicher fühlt und von Schuldgefühlen geplagt wird? Seit meiner Ausbildung und einem Retreat zum Thema Weiblichkeit, weiss ich allerdings mit Sicherheit, dass sehr sehr viele Frauen und Mütter von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen betroffen sind. Aber warum dem so ist, habe ich erst durch die Recherchen meiner Diplomarbeit herausgefunden. 

 

In diesem Blogbeitrag erfährst Du

  • Spannendes über die Urgeschichte der Frau
  • Wie Frauen mit der Entstehung des Christentums nach und nach ihre Rechte verloren
  • Wann die Gleichberechtigung nach und nach zurückkehrte
  • Das Erbe unserer Ahnen: Wissenswertes zu Transgenerationalen Übertragungen
  • Stimmen aus der Literatur zum Thema FRAU SEIN, Mutterschaft, Selbstzweifel und Schuldgefühle

In den Geschichtsbüchern der letzten Jahrhunderte kommen Frauen kaum vor. Ganz anders war ihre Rolle in der Altsteinzeit,
2.5 Millionen Jahre vor der Entdeckung des Ackerbaus.

Damals lebten die Menschen als Nomaden und wechselten in kleinen Gruppen von 20-40 Personen jahreszeitlich ihre Plätze in der Natur. Die Frauen sicherten mit dem Sammeln von Wildpflanzen, Pilzen, Samen, Wurzeln, Nüssen und Beeren das Überleben der Sippe, da sich die Menschheit zu dieser Zeit mehrheitlich pflanzlich ernährte. Während die Männer vorwiegend für den Schutz der Sippe verantwortlich waren, erwarben die Frauen ein umfangreiches Heil- und Pflanzenwissen. Die Frauen konnten die Pflanzen instinktiv von Giftigkeit und Genussbarkeit unterscheiden, da Spürsinn und Intuition viel stärker ausgeprägt waren, als dies heute noch der Fall ist. Durch den Einklang mit der Natur verstanden sich die Sippen als Teil eines grossen Ganzen in einem lebendigen Organismus. Mehr als 2 Millionen Jahre übten Frauen das Priesteramt aus und die Gottheiten waren weiblich.

Das Wunder, Leben schenken zu können und die Neugeborenen durch den eigenen Körper zu ernähren, war für die frühen Menschen geheimnisvoll und mächtig und die Verehrung des Weiblichen als Quelle des Lebens damit vorgezeichnet, denn die Rolle des Mannes bei der Zeugung war damals nicht bekannt. Es zählte nur die Herkunft aus dem mütterlichen Schoss. Zudem hatten Frauen durch die Rolle bei der Nahrungsbeschaffung und der Ausübung der Heil- und Zauberkunde eine besondere Stellung im sozialen Gefüge der Gemeinschaft.  S. 21 aus "Kraft und Magie der Heilpflanzen" von Rudi Beiser

Etwa 10’000 Jahre vor Christus begannen die Menschen sesshaft zu werden und Ackerbau und Viehhaltung zu betreiben. Die Sammlerinnen wurden zu Gärtnerinnen. Mit der Sesshaftigkeit wuchs die Abhängigkeit der Ernte. Damals herrschte noch der Glaube, die weibliche Aussaat begünstige die Ernte. Fiel die Ernte schlecht aus, wurde dies den Frauen zugeschrieben.

Jede Siedlung hatte eine Heilerin und eine kräuterkundige Dorfhebamme für Mensch und Vieh. Die weisen Frauen wohnten oft am Rande der Siedlung. Die Siedlungen wurden mit Hecken und Flechtwerk, sogenannten Hagezussen, abgegrenzt. Aus dem Wort «Hagzussse» entstand später das Wort Hexe.

Kräuter dienten sowohl in der Alt-, wie in der Jungsteinzeit als Schutzkräuter vor Krankheit und Unheil. In Mythen, Märchen und Sagen finden sich viele Hinweise auf die weiblichen Wurzeln der Heil- und Kräuterkunde. In den heute wiederbelebten Jahreskreisfesten findet man die uralten weiblichen Gottheiten wie Ostara, Brigid, Lammas die Lichtgöttin oder Beltane und Walburga. Brettspiele wie Dame oder Schach symbolisieren den uralten hohen Rang der Frauen.

Über die Jahrtausende begannen sich die Gottheiten von der Weiblichen zur Männlichen zu verschieben. Priesterinnen wurden nach und nach durch Priester ersetzt und Frauen verloren das Recht Heilberufe auszuüben. Mit dem Einzug der Kirchen wurden Göttinnen zu Gemahlinnen und Töchtern degradiert. Den Göttinnen wurde Hinterlistigkeit unterstellt. Ursprünglich heilige Tiere wurden verachtet und beschimpft. Beispiel Dumme Ganz, blöde Ziege oder böse Schlange.

Mit der Antike, etwa 500-800 vor Christus, gingen die Frauen in den Geschichtsbüchern verloren. Sie wurden nicht mehr erwähnt und Hippokrates galt als Vater der Medizin. Die Steinzeitgesellschaft mit ausgeprägtem Gleichheitssinn und Gemeinschaftsgedanken wurde von Herrschaftssystemen verdrängt. Und mit der Einführung von Privateigentum begann die Unterdrückung der Frauen.

Etwa 550 nach Christus verschwand in Europa mit der Verbreitung des Christentums die Urmedizin der Frauen. Ein Teil des antiken Pflanzenwissens wurde in die ersten Benediktinerklöster gerettet. Es war die Geburtsstunde der Klosterheilkunde, der Klostergärten und Apotheken. Die Herrscherhäuser waren auf die Mönche angewiesen, denn nur diese konnten lesen und Briefe schreiben. Die Mönche waren in Politik und Verwaltung und wurden grosszügig mit Ländereien beschenkt.

Im 15.-17. Jahrhundert wurde Hexen und Zaubern (Kräuterheilkunde, ausgeübt durch Frauen) zum todeswürdigen Verbrechen. Da Frauen nicht studieren durften, galt medizinisches Wissen bei Frauen als Pakt mit dem Teufel. In der kleinen Eiszeit führten häufige Regenfälle zu Missernten und Epidemien. Priester und Mönche schrieben dies den Hexen zu. Diese kirchliche Aufwiegelung führte über mehrere Jahrhunderte zu einem Flächenbrand gegen die Hexen. Die Hexen wurden für alles verantwortlich gemacht: Impotente Männer, Kindstod oder Missernten. Auch der Hexenschuss stammt aus dieser Zeit. Man glaubte die Hexen hätten die Schmerzen angehext.

Zwischen 1450-1750 wurden in Europa 70'000 Hexen hingerichtet. In der Schweiz fand die letzte Hinrichtung 1782 statt. Allerdings hatten nicht alle hingerichteten Frauen Heilwissen. Teils hatten sie einfach Pech eine Frau zu sein.

Im 18. Jahrhundert brachten die Aufklärung und industrielle Veränderungen erste Ansätze einer Neuorientierung der Frauenrolle. Während Frauen in bürgerlichen Kreisen zunehmend Bildung erhielten, blieb ihre gesellschaftliche Rolle weiterhin auf den häuslichen Bereich beschränkt. Die industrielle Revolution im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert führte zu einer vermehrten Erwerbstätigkeit von Frauen, besonders in Textilfabriken. Trotzdem wurde ihre Arbeit oft nur als Ergänzung zum männlichen Hauptverdienst gesehen.

Das 19. Jahrhundert war geprägt von einer zunehmenden Idealisierung der Frau als Hausfrau und Mutter, insbesondere im Bürgertum. Frauen sollten sich um den Haushalt und die Erziehung der Kinder kümmern, während Männer als Ernährer der Familie galten. Gleichzeitig begann sich eine Frauenbewegung zu formieren, die erste Forderungen nach Bildung und politischen Rechten stellte. In den 1860er-Jahren öffneten sich die Schweizer Universitäten nach und nach den Frauen. In Zürich, Bern, Lausanne und Genf waren die russischen Studentinnen die Vorkämpferinnen des Frauenstudiums. 1877 wurde mit dem Fabrikgesetz die Regelung eingeführt, dass Frauen nach der Geburt sechs Wochen nicht arbeiten dürfen. Entschädigung erhielten sie in dieser Zeit keine. Auf diese mussten sie trotz mehrerer Vorstösse 127 Jahre warten.

"In den Kochbüchern und Haushaltratgebern wurden Ehefrauen, die nicht gut oder sogar schlecht kochten, für die Zerstörung der Liebe in der Ehe verantwortlich gemacht, und die Fähigkeit, gut zu kochen, sollte eine glückliche Ehe garantieren." S. 163 aus
"Die Erfindung der Hausfrau" von Evke Rulfes

Im frühen 20. Jahrhundert, zwischen 1900 – 1950, verstärkten sich die Forderungen der Frauenbewegung. Frauen begannen, sich politisch zu organisieren und für das Frauenstimmrecht zu kämpfen. Trotz dieser Fortschritte blieb die Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter dominant. Die beiden Weltkriege führten dazu, dass Frauen vermehrt in Berufen arbeiteten, die traditionell Männern vorbehalten waren. In der Nachkriegszeit erlebte die Schweiz jedoch eine Rückkehr zu konservativen Geschlechterrollen. Frauen waren wieder hauptsächlich Hausfrauen und Mütter. Der wirtschaftliche Aufschwung ermöglichte es vielen Familien, von einem alleinverdienenden Mann zu leben. Trotzdem wuchsen die Rufe nach Gleichberechtigung.

Im späten 20. Jahrhundert zeichnete sich nach und nach ein tiefgreifender Wandel für die Rechte der Frauen der Schweiz ab. 1971 wurde das Frauenstimmrecht auf nationaler Ebene eingeführt. 1981 wurde die Gleichstellung der Geschlechter in der Bundesverfassung verankert. Diese Entwicklungen führten zu einer zunehmenden Berufstätigkeit von Frauen und einer Veränderung des traditionellen Rollenbildes. Mit dem Eherecht 1988 duften verheiratete Frauen in der Schweiz endlich ohne Erlaubnis des Ehemannes einer Erwerbsarbeit nachgehen. Mit rund hundertjähriger Verspätung erfüllte das neue Gesetz die meisten Forderungen, die von der frühen Frauenbewegung erhoben worden waren. Bekämpft wurde das Gesetz von rechtsbürgerlicher Seite, da man die Bedürfnisse der Familie nicht zugunsten individueller Bedürfnisse aufheben wollte. Namentlich jene des Mannes, da er als Familienoberhaupt galt. Und erst 2004, mehr als 100 Jahre nach der ersten Petition an den Bundesrat, wurde die Mutterschaftsversicherung eingeführt.

 

 

Es bleibt noch viel Arbeit für die Frauenbewegung, bis Lohngleichheit, Vorsorge, Sexismus und Diskriminierung trotz Gleichstellungsgesetz eliminiert und umgesetzt sind. Betrachtet man die Frauengeschichte auf dem Zeitstrahl, so wird sichtbar, in welcher kurzen Zeitspanne die Veränderungen im Verhältnis zu den letzten 12'000 Jahren stattgefunden haben. Und es wird auch sichtbar, dass die Frauen den grössten Teil der Menschheitsgeschichte als freie intuitive Wesen gelebt haben.


Quellen:

Das Erbe unserer ahnen

Wie wirkt sich die Geschichte auf den Selbstwert aus?

Neben der Geschichte der Frau bin ich in meinen Recherchen  noch auf einen anderen spannenden Aspekt gestossen.

Transgenerationale Übertragungen

Bei transgenerationalem Trauma handelt es sich um Traumen, die von einer vorhergehenden Generation erlebt wurde, nicht aber von den nächsten Generationen. Trotzdem können nachfolgende Generationen die Emotionen übernehmen. Diese reagieren auf bestimmte innere Bilder und Gefühle, so als hätten sie das Trauma selbst erlebt.

In der Zeitschrift für Psychodrama und Soziometrie wurde das Phänomen der transgenerationalen Traumatisierung unter besonderer Berücksichtigung möglicher kollektiver Faktoren behandelt. 

Aus psychoanalytischer Sicht werden traumaassoziierte verdrängte Emotionen wie Wut, Trauer und Angst zwischen den Generationen unbewusst vermittelt. Die mangelhafte Integration von traumatischen Erlebnissen führt bei den Eltern zu beschädigten Persönlichkeitsanteilen, mit denen sich die Kinder identifizieren. Sie übernehmen zudem den Auftrag, die verdrängten Emotionen stellvertretend zu integrieren. Dies führt zum Verlust des Gefühls für das eigene Selbst und zur Unfähigkeit, zwischen sich und dem verletzten Elternteil zu unterscheiden. Da sich die Eltern in ihren Affekten in Bezug auf belastende Erinnerungen inkonsistent zeigen, können diese von den Kindern bloß diffus erahnt werden. Daraus ergibt sich ein Wiederholungszwang, da die Kinder unbewusst versuchen, die traumatischen Erlebnisse der Eltern durch Reinszenieren im Hier und Jetzt begreifbarer zu machen.

Biologischen Erklärungsmodellen zufolge prägen traumatische Erlebnisse epigenetische Veränderungen. Studien weisen nach, dass Veränderungen über mehrere Generationen vermittelt werden können. Trauma bedingter, chronischer Stress, kann neurobiologisch zu einem veränderten Cortisolspiegel führen, der nicht nur bei traumatisierten Menschen, sondern auch bei deren Kindern und Enkeln nachweisbar ist.

Verschiedene Studien und Wissenschaftler gehen davon aus, dass transgenerationale Traumen nicht nur über die familiären Gene weitervererbt werden, sondern auch in kollektiver Form.

Wenn ich mir vorstelle, dass jede Mutter ihre unterdrückte Frauenrolle an ihre Tochter weitergegeben hat, wird daraus durchaus ein kollektives Trauma, da alle Frauen davon betroffen sind.

Die Forschung konnte die Weitergabe auf mindestens 3 Generationen nachweisen, geht aber teilweise davon aus, dass die Übertragungen auch älter sein können. Was wiederum bedeuten würde, dass wir die Übertragungen unserer Ur-Grossmütter in uns tragen. Meine Grossmütter erhielten das Frauenstimmrecht erst mit 50 Jahren, also im Alter in dem ich jetzt bin. Vorher hatten sie so gut wie nichts zu sagen.

 

Quellen:

Literatur zum Thema
Frau Sein, Selbstzweifel und Schuldgefühle

Für meine Recherchen habe ich allerlei Bücher zum Thema Frausein und Mutterschaft gelesen. Die Themen überschneiden sich oft und sind überall ähnlich. Drei davon stachen besonders heraus: Schuldgefühle, Selbstzweifel und Identitätsverlust beim Eintritt der Mutterschaft.

 

Sinda Schröder schreibt in ihrem Buch «Selbstlos»: Es kommt mir manchmal vor wie eine Art kulturelles Gedächtnis oder jahrhundertalte Prägung der weiblichen DNA, etwas, das seit Generationen im grossen Pool weiblichen Bewusstseins wabert und mit dem Auftauchen eines Kindes plötzlich ein Teil unserer Identität wird … S. 9

Egal wie unabhängig und frei wir uns besonders Mitte 20 fühlen, wir sind in unserer Selbstwahrnehmung, in unseren Rollenbildern und damit letztlich auch in unseren Entscheidungen immer geprägt von der Familie, in der wir aufgewachsen sind. S. 14

Es scheint paradoxerweise für viele Frauen so zu sein, dass sie wissen, dass sie nicht wie ihre Mütter sind, sie sich aber auch nicht aus vollem Herzen die Erlaubnis geben, nicht so zu sein zu müssen. S. 21

 

Sandra Wüst schreibt zur Rolle der Frau in ihrem Buch «Sei frech, wild und wunderbar»: Erziehungswissenschaftlerinnen von der Humboldt-Universität in Berlin ließen Mädchen und Jungen im Alter von 10 Jahren aufschreiben, warum sie gerne Junge beziehungsweise Mädchen sind. Die Aufsätze zeigen eindrücklich, wie klar diese Kinder die Rollenstereotype kennen. So mögen Jungen an sich besonders ihre körperliche Kraft: Sie sind gerne Jungs, weil sie zeigen können, wie stark sie sind, wie schnell sie rennen und wie weit sie springen können. Mädchen hingegen sind gerne Mädchen, weil sie schöne lange Haare haben, sich schminken können, später einmal Babys kriegen und diese ernähren und pflegen können. Kinder werden in eine Welt geboren, in der das Geschlecht die sichtbarste Unterscheidung von anderen ist. Von klein auf erleben sie, wie man als Mädchen zu sein hat und wie als Junge. Sie kennen ihren Platz in der Gesellschaft und wollen diesen unbedingt korrekt ausfüllen. Schon von klein auf gilt: Bloß nicht aus der Rolle fallen. S. 67

Frauen erklären Erfolge häufiger mit Fleiß, Glück oder äußeren Gegebenheiten und führen Misserfolge auf ihre eigene Unfähigkeit oder Dummheit zurück. Männer dagegen neigen dazu, Misserfolge den äußeren Umständen oder einer Pechsträhne zu-zuschreiben, Erfolge jedoch auf ihr eigenes Können zurückzuführen. S.69

Wir tragen die Vergangenheit intensiver mit uns herum, als wir ahnen, und richten häufig, ohne es zu bemerken, unser Leben danach aus. Wenn wir veraltete Überzeugungen nicht aufdecken und verändern, wirken sie weiter und werden weiterhin bestimmen, wie wir unser Leben gestalten. S.87

Da das klassische Rollenbild besagt, dass Frauen »beziehungsfähiger« seien als Männer, glauben sie, die ganze Verantwortung für gelingende Beziehungen liege bei ihnen. Scheitern Beziehungen oder gelingen sie nicht so, wie Frauen es sich wünschen, geben sie sich dafür die Schuld. Wenn Beziehungen kriseln, suchen Frauen den Fehler sofort bei sich, glauben, dass die Beziehung funktionieren würde, wenn sie nur anders wären: geduldiger, spontaner, fröhlicher, oder wenn sie besser zuhörten, weniger Fragen stellten, weniger anspruchsvoll wären. S.167

 

Margrit Stamm schreibt zur Mutterrolle in ihrem Buch «DU MUSST NICHT PERFEKT SEIN, MAMA!»:

Und diejenigen, die sich dafür entscheiden, machen bald die Erfahrung, dass die Erziehung und Betreuung von Kindern eine manchmal verschleißende 24/7-Aufgabe ist. Sie sollen nicht nur Mütter werden, sondern professionelle und intensive Mütter - auch dann, wenn sie berufstätig bleiben. Und weil eine Frau, die jemals etwas Negatives über ihre Mutterrolle oder ihre Kinder äußert, immer noch als Rabenmutter abgestempelt wird, behält sie ihre Sorgen, ihre Schuldgefühle, manchmal auch ihre Frustration, lieber für sich. Unsere Gesellschaft ist einem Mutterideal verpflichtet, dem keine Frau genügen kann, auch wenn sie Vollzeitmutter wird. Doch wohin wir auch blicken, auf Glanz und Gloria, Social Media und auf Influencerinnen, überall werden uns endlose Paraden berühmter und perfekter Supermütter präsentiert, welche glauben machen wollen, dass sie ihre Kinder immer in den Mittelpunkt ihres Lebens stellen, sie viel mehr als die Arbeit lieben und dass das Geld keine Rolle spielt, weil man es einfach hat. S.7

Wer sich vor dem » Warte-nur-bis-du-Kinder-hast«-Satz fürchtet, beginnt deswegen schon früh, alles über Hirnforschung, Babymassage, Einschlaf-, Durchschlaf- oder AntiSchrei-Methoden oder über frühes Fremdsprachenlernen zu lesen und sich zu informieren, wie man den Brei fürs Baby selbst kocht oder welche Feuchttücher man benutzen soll. Dieses Wissen macht jedoch paradoxerweise unsicher, weshalb viele ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie einmal spontan reagieren und ihrem Bauchgefühl vertrauen. Solche Unsicherheiten und der Konsum von Ratgebern führen dazu, dass viele Mütter nach Rezepten und Anweisungen handeln, dabei jedoch verlernen, ein Gefühl für das zu entwickeln, was das Kind (nicht) braucht oder wie sie handeln sollten. Wenn sich Mütter in den ersten Lebensmonaten vor allem auf den Kopf verlassen, was sie jetzt tun sollen, dann bremsen sie ihr Bauchgefühl aus. … Viele Ratgeber vermitteln den Frauen zudem das Gefühl, immer etwas falsch zu machen. S.43

 

Franziska Schutzbach schreibt in ihrem Buch "Die Erschöpfung der Frauen": Die Betreuung und Versorgung von Kindern etwa ist gesellschaftlich als "Frauensache" definiert, das führt jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass Frauen hier besonders viel Selbstbewusstsein hätten - auch wenn es manchmal so wirkt und einzelne Frauen hier tatsächlich Deutungshoheit und Kompetenz für sich in Anspruch nehmen. In den vergangenen Jahren hat aber der Druck, alles richtig zu machen, derart zugenommen, dass es wohl nur wenige Mütter gibt, die nicht von Ängsten des Scheiterns und von Schuldgefühlen heimgesucht werden. Das geht selbst jenen so, die über ein vertieftes gesellschaftspolitisches Wissen verfügen, die also wissen, dass Gefühle der Minderwertigkeit oder Inkompetenz nicht mit ihnen selbst, sondern mit patriarchalen Machtverhältnissen und Historie zu haben. S. 70

Franziska Schutzbach, Die Erschöpfung der Frauen. Wider die weibliche Verfügbarkeit, 2024 Droemer Verlag

Mit diesem Gesamtüberblick über die Historie und den transgenrationalen Übertragungen ahne ich langsam, woher mein Glaubenssatz «Nimm dich nicht so wichtig» stammen könnte. Und wir verstehen als Frauen vielleicht, warum unser Selbstwert, unser Selbstbewusstsein und unser Selbstvertrauen oftmals angeschlagen sind. Die Geschichte der Frau widerspiegelt sich auch in den Ergebnissen meiner Umfrage zur mentalen und körperlichen Gesundheit von Müttern. Frauen ohne Kinder haben mich auf der Strasse angesprochen, dass Sie sich auch ohne Kinder in den Ergebnissen wiederfinden.

Schauen wir 100'000 oder eine Million Jahre zurück, dürfen wir allerdings mit Stolz sagen, dass die Urgeschichte der Menschheit durch die Frauen geprägt ist. Also ihr lieben Frauen, nehmt euch selbst wichtig. 💛

Die Welt ändert sich, wenn Frauen von Konkurrentinnen zu Verbündeten werden, und das können wir jeder (Ja, jeder!) anderen Frau sein. Eine einfache und doch effektive Übung ist: Sag anderen Frauen, wie toll und grossartig sie sind.

Sina Schröder

Hast Du Lust bekommen, dein FRAU SEIN zusammen mit anderen Frauen zu stärken? Herauszufinden, was DICH ausmacht? Wer Du bist, neben all deinen Rollen? Dann komm in einen meiner Frauenkreise. Sie bieten dir Raum, einfach zu sein, so wie Du bist. Mit einfachen Übungen findest Du heraus, was dich ausmacht und welche Bedürfnisse hinter deinen Selbstzweifeln vergraben sind. Eines kann Dir jetzt schon versprechen: Du bist nicht allein. In jedem Kreis taucht irgendein gemeinsames Thema auf, dass alle Frauen gemeinsam haben, egal ob du Kinder hast oder nicht. Dieses Gefühl der Verbundenheit stärkt im Alltag dein Selbstvertrauen, im tiefen Wissen: Ich bin nicht allein. Da sind noch andere Frauen, die die gleichen Themen mit sich herumtragen. 

Und übrigens: Alles was in den Kreisen besprochen wird, bleibt in den Kreisen. 

Herzliche Grüsse Paula

NATUR- UND MUTMACH COACHIN
für mehr Selbstvertrauen, Sinn und Leichtigkeit in deinem Leben.

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